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Mit Gamification große und kleine Lernerfolge feiern

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Wenn Menschen mehr Sport trieben, weil sie damit Punkte in ihrer Diät-App sammeln, oder ihren Cappuccino immer im gleichen Café trinken, weil sie dort so zum “Bürgermeister” werden, sind das Erfolgsgeschichten von Gamification. Der Trick: Jeder noch so kleine Erfolg wird belohnt und motiviert so zum Weitermachen. Doch wie kann auch die betriebliche Weiterbildung vom Spieltrieb der Menschen profitieren?

Games belohnen das Gehirn
Wenn Lernen mehr wie Spielen wäre, müsste sich wohl niemand mehr um seine Teilnehmerquoten Sorgen machen. Doch die Serious Games, die nach diesem Gedanken entstanden sind, haben es nie über ein paar Leuchtturmprojekte hinaus geschafft – zu teuer die Produktion, zu klein das Einsatzfeld. Gamification hingegen verspricht spielerisches Lernen zu deutlich besseren Konditionen. Denn die Kernidee der Gamification ist es nicht umfangreiche Spielwelten zu schaffen, sondern lediglich einzelne Spielmechaniken auf das Lernen zu übertragen. Zu solchen Mechaniken gehören etwa Badges, Fortschrittsanzeigen, Ranglisten und vieles mehr. Bausteine also, die sich in jedes beliebige Lernformate einsetzen lassen, um diesem ein gewisses Game-Feeling zu verleihen. Denn was sich ein bisschen wie ein Spiel anfühlt, motiviert eher dazu es von Anfang bis Ende durchzuziehen.

Doch warum ist das so? Glaubt man Tom Chatfield, dann liegt es daran, dass Games unsere Gehirne belohnen. In seinem TED Talk (s. u.) schildert er sieben Formen solcher Belohnungen und betont, dass diese sorgsam geplant sein wollen. Chatfield spricht hier vom “Reward Schedule”, also von einer systematischen Abfolge kleiner und großer Belohnungen über den Spielverlauf hinweg. Korrespondieren diese Belohnungen mit einem stetig anwachsenden Schwierigkeitsgrad, gelangen die Lernenden in den für Games typischen Flow – nach Mihaly Csikszentmihalyi ein Zustand, in dem Fähigkeiten und Anforderungen so gut miteinander ausbalanciert sind, dass der Mensch vollkommen in seiner Tätigkeit aufgeht. Nun kann Gamification allein zwar keinen Flow bewirken, wohl aber durch gut getaktete Belohnungen die Motivation der Lernenden dauerhaft aufrecht erhalten.

TED Talk Tom Chatfield: 7 ways games reward the brain

Alles, was Rang und Badges hat…
Es existieren bereits zahlreiche Konzepte und Leitfäden, zur Implementierung von Gamification. Die Ansätze reichen dabei von eher intuitiven bis stärker systematischen Vorgehensweisen. Der App-Hersteller SCVNGR nutzt z. B. ein Kartenset mit insgesamt 47 Mechaniken, aus denen immer wieder neue Zufallskombinationen gezogen werden können. Im zweiten Schritt werden die so kombinierten Mechaniken zu einem stimmigen Gamification-Konzept zusammengefügt. Deutlich systematischer ist hingegen der Ansatz des Bloggers Andrzej Marczewski. Er plädiert nicht nur für eine enge Definition von Game-Mechanismen, sondern auch für eine bewusste Auswahl auf Basis des erwünschten Zielverhaltens. Gerade, wenn die Gamification konkreten Teilzielen eines Lernangebotes dienen soll, ist eine derartig systematische Vorgehensweise empfehlenswert. Geht es jedoch ganz allgemein um eine dauerhafte Motivation der Lernenden, ist die Auswahl der Mechanismen nahezu beliebig.

Systematischer Gamification-Ansatz von Andrzej Marczewski

Systematischer Gamification-Ansatz von Andrzej Marczewski

Besonders beliebt sind in diesem Kontext die Rangabzeichen, engl. Badges. Hinter ihnen steht das Prinzip, dass jeder noch so kleine (Lern-)Erfolg mit einem sichtbaren Zeichen belohnt wird. Je differenzierter diese Badges, desto besser lassen sich die Lernenden dadurch zu freiwilligen Lernleistungen motivieren. Der MOOC OPCO12 vergab voriges Jahr z. B. drei verschiedene Badges (Beobachter, Kommentator und Kurator), abhängig von der Intensität der Beteiligung. Diese Badges sind – und das ist von zentraler Bedeutung – für andere sichtbar. Denn der Belohnungscharakter eines Badges entstammt vor allem der Anerkennung, die andere dafür entgegenbringen. In der Gaming-Branche sind Badges seit vielen Jahren schon fester Bestandteil großer und kleiner Spieletitel, weswegen das Online-Magazin Gametrailers.com “Achievements” auch auf Platz 3 der wichtigsten Trends der aktuell auslaufenden Konsolengeneration gewählt hat.

Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Mozilla-Projekt OpenBadges, eine Plattform, auf der jedermann öffentliche Badges sowohl bekommen als auch vergeben kann. Zwar ist die Liste der Badges vergebenden Unternehmen und Einrichtungen bislang noch recht überschaubar, doch zeigt Mozilla selbst mit seinen Webmaker Badges (s. u.), wie es gehen kann. Auf Mozilla Timble können Menschen vordefinierte Website-Projekte umsetzen und so die Grundlagen von HTML lernen. Für jede einzelne erworbene Fähigkeit erhalten die Lernenden schließlich ein Badge. So gibt es ein Badge für das Erstellen von Listen, für das Formatieren von Überschriften und für das Arbeiten mit DIV-Containern. All diese Badges sammeln die Lernenden schließlich in ihrem Backpack, einer persönlichen Seite, auf der auch andere die Erfolge einsehen können. Informelles Lernen – so der Gedanke – wird somit sichtbar.

_Screenshot_Mozilla_Webmaker_Bdage_02

Website Mozilla Webmaker Badges

Gamification als Lernkatalysator in Corporate Social Networks
Wie kann sich die betriebliche Weiterbildung nun Gamification zunutze machen? Aus den oben beschriebenen Badges-Beispielen lässt sich ein zweistufiges System ableiten. Auf der ersten Stufe vergeben Unternehmen Badges für jeden absolvierten Qualifizierungsbaustein, die idealerweise im Mitarbeiterprofil des internen Social Networks gesammelt werden. Um die Mitarbeiter zusätzlich dazu zu bewegen ihr Lernen in diesem Netzwerk fortzusetzen, können weitere Badges für das Mitwirken an Lerngruppen vergeben werden. Besonders aktive Mitarbeiter erhalten hier besonders lobende Badges, um die soziale Anerkennung zu verstärken. Auf der zweiten Stufe belohnt das Unternehmen mit Badges auch informelles Lernen. Zum Beispiel belohnen die Community Manager Mitarbeiter, die besonders konstruktive Beiträge verfassen oder sehr informative Inhalte teilen. So wird die Badges-Sammlung der Mitarbeiter schließlich auch zu einem formellen Nachweis ihrer informell erworbenen Kompetenzen. Kollegen, die genau diese Kompetenzen für ihr Team oder Projekt suchen, werden sich über solch einen transparenten Nachweise freuen. Unabhängig davon auf welcher Stufe Gamification realisiert wird, braucht es ein gelungenes Erwartungsmanagement. Denn Gamification ergänzt nur eine Ebene in die ansonsten unveränderten Lernszenarien und darf daher nicht als komplette Neuausrichtung verkauft werden. Auch ist zu beachten, wie gut sie die Begriffe Game und Spiel mit der Unternehmenskultur vertragen und welche ungewollten Assoziationen sie ggf. hervorrufen. Werden diese Aspkete angemessen berücksichtigt, steht einer erfolgreichen Gamification jedoch nichts mehr im Wege.

Fazit: Ob nun mit Badges oder  anderen Spielmechaniken – mit Gamification feiern Unternehmen sowohl die kleinen als auch die großen Lernerfolge und stärken so die Lernbereitschaft sowie die Kompetenzprofile ihrer Mitarbeiter.

Quelle Titelbild: mattjeacock (istockphoto).



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